Dr. Nahed Samour mit dem Moderatoren-Team des JSG, Nina Prieske und Nick Pullner.
Von links: Sebastian Preis (JSG), Claudia Wilke (stellv. Bürgermeisterin Vechelde), Nick Pullner (JSG/Moderation), Dr. Nahed Samour, Nina Prieske (JSG/Moderation), Sascha Ignorek (JSG), Matthias Möhle (stellv. Landrat).
Dr. Nahed Samour mit dem Moderatoren-Team Nina Prieske und Nick Pullner.

JSG startet neue Veranstaltungsreihe „Interessante Menschen“
Wie kann das Völkerrecht ein friedliches Miteinander in der Welt sichern? Warum gelingt dies nicht – wie die aktuelle Situation in Nahost, in Gaza zwischen Israel und Palästinensern, zeigt. Um diese weltweit bewegenden Fragen ging es zwei Stunden lang in der voll besetzten Aula des Julius-Spiegelberg-Gymnasiums (JSG) in Vechelde. Zu Gast war Dr. Nahed Samour, international erfahrene Rechtswissenschaftlerin, die derzeit an der Radboud University in Nijmegen forscht.

Das Völkerrecht geht alle an
Was zu Beginn mit einem Vortrag zum Völkerrecht und seiner Bedeutung in Gaza noch sehr weit entfernt wirkt, rückt im Laufe der Diskussion immer näher an Vechelde und den Alltag der 170 Schülerinnen und Schüler sowie einiger Gäste aus der Gemeinde heran. Und das ist gewollt. Die Veranstaltung ist der Auftakt einer neuen Reihe des JSG mit dem Titel „Interessante Menschen“, organisiert von Lehrkräften vor allem der Arbeitsgruppe „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ und Schüler*innen der Oberstufe, unterstützt vom Peiner Bündnis für Toleranz. Zum Auftakt sind auch der Landkreis und die Gemeinde offiziell vertreten.

Raum für Gespräche zu aktuellen Themen öffnen
 „Wir wollen Menschen mit ihrer Fachkompetenz einladen, die etwas zu aktuellen Themen zu sagen haben, die damit den Raum für Gespräche öffnen“, sagt Mitinitiator Sascha Ignorek zur Begrüßung. Und das schafft Samour. Auf ihrem Weg als Juristin motiviere sie das Streben nach Gerechtigkeit. Und das wichtigste Recht für sie ist das Völkerrecht, entstanden auf der Grundlage der Völkermordkonvention von 1948. Die wiederum beruhte maßgeblich auf den Erfahrungen mit den Verbrechen der deutschen Nazi-Diktatur gegen Juden und andere Volksgruppen.

Ermittlungen gegen Israel
Die Konvention ist von 153 Staaten unterzeichnet und faktisch allgemeingültig. Zugleich macht Samour am Beispiel des Vorgehens Israels in Gaza und den anderen besetzten palästinensischen Gebieten deutlich, wie sehr es vom Willen der Weltgemeinschaft abhängt, dass das Völkerrecht tatsächlich zur Geltung kommt. Die beiden höchsten Gerichte, der Internationale Gerichtshof und der Internationale Strafgerichtshof (beide in Den Haag), überprüfen vier der fünf Kriterien für Völkermord. Schon ein Versagen Israels, als Besatzungsmacht die Zivilbevölkerung in Gaza mit Lebensmitteln und Medikamenten zu versorgen, wäre ein Bruch des Völkerrechts.

Wenn eine Regierung das Völkerrecht nicht interessiert
Das Problem: Zwei große Staaten, USA und China, erkennen die Gerichte nicht an. Europa handele gespalten, Deutschland halte sich gegenüber Israel zurück. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu erkläre zudem, das Völkerrecht interessiere ihn nicht, erläutert Samour. Ebenso klar stuft sie die Terrorangriffe und Geiselnahmen der Hamas vor zwei Jahren als Verstöße gegen das Völkerrecht ein.

Fragen kommen schnell auf den Punkt
Für die von Nick Pullner und Nina Prieske  (Jg. 12) moderierte Diskussion sind von den Schülerinnen und Schülern des Vorbereitungsteams Fragen gesammelt worden. Sie kommen schnell auf den Punkt: Wie könne das Völkerrecht durchgesetzt werden? Warum sei es so schwierig, Verantwortliche vor Gericht zu bekommen? Die Antwort der Juristin fällt alarmierend aus: „Was die Gerichte entscheiden, muss von den Staaten der Weltgemeinschaft umgesetzt werden. Und von denen müsse das Völkerrecht wichtiger genommen werden.“ Zwar gibt es Klagen gegen Israel aus Südafrika, ebenso gegen Deutschland aus Nicaragua wegen Unterstützung völkerrechtswidriger Aktivitäten Israels durch Rüstungsgüter. Der Ausgang sei hingegen offen.

Welt am Scheideweg
Samour sieht die Welt am Scheideweg: „Es darf keine Kultur der Straffreiheit geben. Wenn das Völkerrecht von der Weltgemeinschaft nicht durchgesetzt wird, haben wir das Recht des Stärkeren. Dann haben wir überall auf der Welt viele Jahre der Gewalt vor uns. Mag sein, dass wir Menschen das brauchen, um dann neu zu überlegen, wie wir wieder ein starkes Völkerrecht bekommen. Besser allerdings wäre es, jetzt dafür zu sorgen.“

Lob für die JSG-Veranstaltung
Deshalb sei es notwendig, auch in Deutschland auf allen Ebenen mehr über die Bedeutung des Völkerrechts für ein friedliches Zusammenleben zu sprechen und klarer Position zu beziehen. „Diese Veranstaltung hier in Vechelde ist dafür ein sehr gutes Beispiel.“ Sebastian Preis, Leiter der Fachgruppe Politik, nimmt den Ball mit Blick auf die geplante Fortsetzung der Veranstaltungsreihe auf: „Das JSG will Impulse setzen für kritisches Denken, für Engagement und eine Schule als Ort des öffentlichen Dialoges. Denn es geht auch darum, dass unsere Gesellschaft wieder mehr zusammenwächst, auch wenn wir unterschiedlich sind.“

Künftig auch ein Live-Videopodcast?
Um diesen Effekt zu vergrößern, will das Format als Live-Videopodcast ausbauen. Dazu braucht das JSG jedoch weitere Unterstützung von externen Partnern, die den Schülerinnen und Schüler bei der Erstellung von Videopodcasts helfen. Interessierte können sich unter interessante.menschen@jsg-vechelde.de melden.

(Herr Preis)

Die Fotos der Veranstaltung vom JSG
Bild 1: Dr. Nahed Samour mit dem Moderatoren-Team Nina Prieske und Nick Pullner.
Bild 2: Von links: Sebastian Preis (JSG), Claudia Wilke (stellv. Bürgermeisterin Vechelde), Nick Pullner (JSG/Moderation), Dr. Nahed Samour, Nina Prieske (JSG/Moderation), Sascha Ignorek (JSG), Matthias Möhle (stellv. Landrat).
Bild 3: Dr. Nahed Samour mit dem Moderatoren-Team Nina Prieske und Nick Pullner.