– Schüler*innen der Jahrgänge 8, 10 und 11 sprachen am 22. April bei einem Rhetorikwettbewerb in unserer Schule –

Auch wenn Schüler*innen des JSG seit vielen Jahren erfolgreich an Rhetorikwettbewerben in Braunschweig und Peine teilnehmen, so geht es in jedem Schuljahr von Neuem darum, Talente zu entdecken und sie zu ermutigen, sich zu engagieren und zu lernen, vor einem Publikum die eigenen Ansichten auf eine überzeugende Weise vorzutragen.
Da sich im Politikunterricht in einer Klasse 8 gezeigt hatte, wie gekonnt und leidenschaftlich Argumente bei einer Debatte über die Förderung von Kindern aus ärmeren Familien vorgetragen werden konnten, entschieden wir uns, den Wettbewerb diesmal schon ab Klasse 8 einzurichten.

Aus dem folgenden Themenangebot konnten die Teilnehmenden des Wettbewerbs auswählen:

Themenvorschläge für die Jahrgänge 8 und 9:
• Wie beurteilen wir das Ultra-Fast-Fashion-Geschäftsmodell?
• Wie erreichen wir ein System der Müllvermeidung?
• Ist rechtes Denken cool?
• Wie sieht für mich die Schule der Zukunft aus?

Themenvorschläge für die Jahrgänge 10 und 11:
• Wird die Welt durch KI eine bessere Welt?
• Ist Veganismus die Ernährungsform der Zukunft?
• Macht Schule krank?
• Wofür die Stimme erheben?

Um 14.00 Uhr begann der Wettbewerb mit den Vorträgen von fünf Schüler*innen aus dem Jahrgang 8. Ihr Publikum bestand aus Eltern, Großeltern, Freundinnen und Freunden und mehreren Lehrkräften, wobei in dieser Runde Frau Söllner, Frau Schlordt und Frau Waluga die Jury bildeten.
Drei der Rednerinnen hatten das Thema „Wie erreichen wir ein System der Müllvermeidung?“ gewählt. Merve Yurtgül, Lotta Paidamoyo Wagner und Marie Kaufmann hatten zu diesem Anlass gut recherchiert und überzeugten mit ihren Aussagen über die Dringlichkeit ihres Anliegens und mit ihren Vorschlägen zur Müllvermeidung. Für Merve stand fest: „Wir können auch lernen, Dinge wiederzuverwenden und zu reparieren, anstatt sie wegzuwerfen. Die EU hat gerade das Recht auf Reparatur verabschiedet. Zum Beispiel könnten wir alte Kleidung z.B. bei einer Tauschparty weitergeben oder kaputte Sachen reparieren lassen.“
An Merves Vortrag gefiel der Jury, wie Merve eine Mehrwegflasche als „Hingucker“ eingesetzt hatte. Damit habe sie uns alle abgeholt und uns mit ihrem zugleich sympathischen und kämpferischen Auftreten begeistert. An Lottas Vortrag wurde das umfangreiche Faktenwissen gelobt sowie ihre klaren und verständlichen Aussagen, die zum Handeln aufriefen. Marie sei es gelungen, auch das Publikum auf eine besondere Weise mit einzubinden. Auf eine vielfältige Weise habe sie uns das Thema der Müllvermeidung nahegebracht.
Nick Röder sprach über das Thema: „Ist rechtes Denken cool?“ Hier gefielen der Jury sein klares methodisches Vorgehen und die Wahl seiner Sprachbilder, die ein hohes Ausdrucksvermögen belegten. Nick hatte dargelegt, warum er ein fremdenfeindliches Denken für gefährlich hält und wie wichtig es ihm ist, Brücken statt Mauern zu bauen.
Alle fünf Reden beeindruckten und überzeugten. Das größte Lob sprach die Jury dabei für den Beitrag Madeleine Aimée Zwingers aus, Madeleine  hatte das Thema „Wie beurteilen wir das Ultra-Fast-Fashion-Geschäftsmodell?“ gewählt. Sie stellte fest: „Solche Sachen werden im Schnitt nur 1,7 mal getragen, und gelten daher als Wegwerfmode. Sie sind nicht recycelbar und werden daher einfach weggeworfen. Ihre Herstellung aber beutet die Ressourcen unseres Planeten aus, um dann auch noch unsere Müllberge zu vergrößern. Wir müssen unsere Erde behandeln wie einen guten Freund und dem würden wir so etwas niemals antun.“
Madeleines Argumentation geschah aus dem Blickwinkel mehrerer Perspektiven, so sprach sie auch über die Arbeitsbedingungen der Menschen, die diese Produkte herstellen. Dieser Aspekt und die Eindringlichkeit, mit der Madeleine klar akzentuiert ihr Anliegen vortrug, machten sie zur Gewinnerin des Wettbewerbs in den Jahrgängen 8/9.

Sieben Schüler*innen aus den Jahrgängen 10/11 hatten sich für den Wettbewerb angemeldet. Nur eine Schülerin wählte dabei nicht das Thema: „Wofür die Stimme erheben?“
Auch Julia Ott aus dem Jg. 10 hatte dieses Thema gewählt, war aber an dem Tag leider erkrankt. In ihrer Rede wollte sie darauf hinweisen, wie wichtig es für sie ist, für das menschliche Miteinander die Stimme zu erheben: „Ich weiß, dass ein besseres Zusammenleben fast unmöglich zu sein scheint, aber ich glaube, dass es möglich ist. Jeder kann dazu seinen Teil beitragen. Ob man selbst in Gruppen aktiv wird, demonstrieren geht oder andere bei ihren Problemen unterstützt, es gibt viele Möglichkeiten. (…) Denn Mitbestimmung beginnt mit mir und dir. Mit uns. Und zusammen können wir mehr schaffen, als wir zu glauben vermögen.“
Die Jury für die Beiträge der Jahrgänge 10/11 wurde von Frau Marotz, Frau Waluga und Herrn Lessenich gebildet. Frau Marotz betonte am Anfang der Laudatio für alle Teilnehmenden, dass es viele Momente gegeben habe, „die echt unter die Haut“ gegangen seien. Zum Beitrag von Emely Schubert-Schillinger sagte sie: „Du hast klar gesagt, wofür du die Stimme erheben möchtest und hast viele stilistische Mittel vermittelt.“
Emely Schubert-Schillinger und Jule Klinzmann hatten beide die Gefährdung unserer offenen und toleranten Gesellschaft durch fremdenfeindliche Strömungen kritisiert. Für Emely stand fest: „Wenn wir Ungerechtigkeit sehen, wenn die Rechte anderer verletzt werden, wenn die Grundlagen unserer Freiheit bedroht sind – das sind die Momente, in denen wir unsere Stimme erheben müssen.“
Jule schloss mit dem Appell: „Ist es nicht unsere Aufgabe, für die Rechte eines jeden zu kämpfen? Dafür einzustehen, dass jeder lieben kann, wen er möchte?  Lasst uns gemeinsam dafür kämpfen, die Demokratie zu schützen, zu erhalten und für unsere Rechte und Freiheiten einzustehen. Noch glaube ich an das Gute im Menschen. Ich will nicht glauben, dass die Geschichte sich wiederholen soll. Die Opfer dürfen nicht umsonst gewesen sein. 1933 darf sich niemals wiederholen.“
Die Jury beeindruckte ihre Vortragsweise und lobte, dass Jule bei der Darlegung der Fakten konkrete Personen angeführt und entzaubert habe.
Nele Kramer, die als einzige unter den Redner*innen bereits vor einem Jahr am Rhetorikwettbewerb teilgenommen hatte, sprach über das Thema: „Macht Schule krank?“Am Beispiel einer Schülerin, der es nicht genügt, eine „2“ auf ihre Leistung zu bekommen, schilderte Nele eindringlich, was Leistungsdruck bedeuten kann: „Niemand sollte abends weinend im Bett liegen müssen.“ Sie schlug vor, ein Fach mit dem Namen „Glück“ anzubieten. Die Jury lobte Neles großartige Vortragsweise und krönte sie zur Gewinnerin.
Lea-Sophie Meineckes Kritik galt dem starren und ihrer Meinung nach veralteten Gesundheitssystem, das Kranke, die dringend eine Therapie bräuchten, viel zu lange warten lasse. Sie schilderte, wie sich psychisch Kranke fühlen müssen, und demonstrierte dies an einem weißen Blatt Papier, bei dem jede Verletzung zu einem Knick oder Riss führe. Nach außen würden Kranke oft so wirken, als seien sie unversehrt. Leas Bild des zerknüllten Papiers ging vielen unter die Haut.
Für die Rednerin Vivian Volckmar aus dem Jahrgang 11 ist die Stimme unsere ständige Begleiterin. Manchmal würden wir sie nicht erheben, weil wir uns vor Widerspruch fürchteten. Mit unserer Stimme könnten wir andere verletzen und oft   würden wir kein Anderssein akzeptieren. „Es wird geurteilt über Menschen, die man nicht kennt und die am Ende doch so viel mit uns gemeinsam haben. (…) Wir müssen unsere Stimme nutzen, um andere zu loben. Benutzt eure Stimme zum Guten.“
Die Jury lobte die poetische Kraft ihrer Bilder. Ihre Art der Verwendung des Leitmotivs der Stimme wirke wie bei einer Literatin.
Der zweite Gewinner in dieser Gruppe war Sami Ashi, wie Vivian ebenfalls aus Jahrgang 11. Auf eine „energiegeladene“ Weise forderte Sami, für die drängenden Probleme dieser Welt die Augen zu öffnen. Wir selbst würden in einem wohlhabenden Land leben, und das Gendern sei für uns ein Thema mit großer Resonanz. Dabei stehe doch die Welt in Flammen, und was seit zwei Jahren nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine geschehe, sei eine furchbare Verletzung der Menschlichkeit. Um die Wahrung der Menschlichkeit gehe es seit dem 7.Oktober 2023 auch im Nahen Osten. Nach dem schrecklichen Angriff von Terroristen auf Israel stürben bei der Gegenoffensive Israels täglich unschuldige Menschen im Gaza-Streifen. Mit seiner Forderung, nicht nur für eine Seite, sondern für die Menschlichkeit in diesem Konflikt einzutreten, und seiner gekonnten Vortragsweise beeindruckte Sami die Zuhörenden: „Seid mutig! Werdet laut!“

Wie viel Mut dazu gehöre, in einem solchen Wettbewerb vor einem größtenteils fremden Publikum zu sprechen, hob Herr Nührig als Moderator und Organisator des Wettbewerbs hervor und dankte auch all denen, die die Redner*innen dazu motiviert hatten, sich zu informieren, Argumente zu sammeln und eine Rede zu schreiben, um für ein wichtiges Anliegen zu werben.

Text: Klaus Nührig
Fotos: Frau Marotz, Frau Schlordt, Herr Lessenich