Der Kurs Darstellendes Spiel der Jg. 12/13 unter Leitung von Herrn Nührig spielte das selbstverfasste Stück „Menschen-Nachbarn“.

In der Ankündigung zu unserem Stück schrieb Elisa Schön:

„Allesamt gleichermaßen menschlich und dennoch unterschiedlicher als Tag und Nacht – so sind es auch die Nachbarn eines Wohnviertels, die wie wir alle ihr tagtägliches Leben führen, doch dabei durchaus in unerwartete, chaotische, erfreuliche und völlig verrückte Situationen geraten.
– Wie reagiert man, wenn die alte Frau aus dem dritten Stock plötzlich mitten in der eigenen Wohnung auftaucht?
– Wer erwartet die neue Mitbewohnerin hinter der Tür, durch die Weihrauch bis auf den Hausflur zieht?
– Und wie landet man mit vier neuen Freunden in Thailand, nachdem man doch eben noch vor der eigenen Freundin geflohen ist?
Die Antworten auf diese und viele weitere kuriose Situationen findet man bei den so verschiedenen „Menschen – Nachbarn“, die trotz ihrer zahlreichen Unterschiede im Ernstfall zusammenhalten … oder?“

Gab die Inszenierung Antworten auf diese Fragen? Das hoffen wir.

Jedenfalls sahen wir, wie zwei Studentinnen (Laura Vossbeck und Tara Heydorn) Freundschaft mit einer alten Dame (Hanna Lemke) schließen und so deren Einsamkeit überwinden. Leicht fiel dies der freundlichen und sanften Laura, während Tara, die durch nächtliches Taxifahren ihren Unterhalt verdienen muss, nicht so schnell ihre Arme öffnet. Tara hatte sich heillos mit ihren Eltern zerstritten, weil sie ihren Freund aufgrund seiner Hautfarbe ablehnten. Dank einer Vermittlung durch die alte Dame, die mit Taras Eltern spricht, suchen diese wieder Zugang zu ihrer Tochter.

Mika Müller als Taxifahrer gewinnt nacheinander gleich vier Fahrgäste (Fabio Surmiak, Max Geipel, Ferdinand Jacobs und Niklas Hüttl), die trotz ihrer gegensätzlichen Lebenseinstellungen zusammenfinden, weil sie etwas ganz Neues erfahren möchten. Da kann unser Taxifahrer gar nicht anders, er muss sich ihrer Flugreise nach Thailand anschließen, und dort verwandelt sich der Tunichtgut Ferdi, der seine schwangere Freundin sitzen gelassen hat, zu einem Menschen, der lernt, sich endlich seiner Verantwortung zu stellen. Max und Fabio werden ihm dabei zu Vorbildern im Umgang mit verletzten Gefühlen.

Dass Nachbarn ganz und gar doppelgesichtig sein können, erlebt eine Studentin (Florentine Hupe), die an deren Türen pocht. Als ihr gegenüber kalt und abweisend, aber hemmungslos emotional in ihrer Erinnerung an ihren treuen Hund erweist sich die erste Nachbarin  (Lina Harre). Wie in einer anderen Welt lebend und Probleme nicht sehen wollend, begegnen ihr zwei Yoga-Schwestern (Nikola Roy und Zoe Zensen). Freundschaft schließt die Studentin mit der Nachbarin hinter der letzten Tür auf dem Flur, ihrer zukünftigen Kommilitonin (Juliane Bollmann), mit der sie sich wegen ihrer Fahrradflucht bei einem Unfall, in den beide verwickelt waren, eigentlich in den Haaren liegen müsste.

Beide studieren Psychologie und haben gleich zweimal die Gelegenheit, jemanden zu retten, der offensichtlich Hilfe braucht. Nachdem dieser (David Thonfeld) hemmungslos aggressiv und eifersüchtig darauf reagiert hat, als er seine Freundin (Saskia Holland) gemütlich im Zimmer auf der Sitzbank neben einem freundlichen Nachbarn (Marvin Vogel) sitzen sah, wird er von seiner Freundin vor die Tür gesetzt. Die Ratschläge der beiden Studentinnen, sich mit ihr zu versöhnen, zünden nicht wirklich, und seine telefonische Drohung gegenüber der Freundin, sich von einer Brücke zu stürzen, auf der er gar nicht steht, zerstört ganz und gar seine Glaubwürdigkeit.

Da ein Akteur erkrankte, musste David Thonfeld noch ein zweites Mal die Rolle eines Mannes spielen, der keinen Anschluss mehr findet. Betrunken irrt er durch ein Hotel und glaubt den Schlüssel zu einem Zimmer zu besitzen, in dem sich zwei Frauen aufhalten, von denen eine sich von einem Kind verfolgt fühlt, das nur in ihrer Einbildung existiert. Das Klopfen des Betrunkenen an ihrer Tür ist aber keine Einbildung, sondern wird zu einer Bedrohung, als die Fürsorgliche der beiden Frauen (Natalie Krabiell) sie öffnet. Die herbeigerufene Inhaberin des Hotels (Hanna Lemke, ebenfalls in einer Doppelrolle) erkennt in ihm den Menschen, der betrunken ihre Mutter überfahren hatte. Vor Gericht hatte er versprochen, sein Leben zu ändern, und hat es nicht getan. Aus dem Hotel gewiesen und verzweifelt, wird er von den beiden Studentinnen, die ihre Künste noch einmal erproben wollen, vorerst gerettet.

Seit ihrer Schulzeit kennen sich Giovanni (Arvid Werhahn), Memed (Jannis Georgi), Marco (Florian Zogbaum) und Flo (Florian Kästner). Beim Haareschneiden in Giovannis Friseursalon treffen sie sich. Memed, der schon in der Schulzeit mit einem misslungenen Pulloververkauf die Abikasse ruinierte, plant wieder im Modegeschäft groß einzusteigen. Wer aber wagt es, ihm zu sagen, dass seine Entwürfe wieder unverkäuflich sind? Jedenfalls nicht der ewige Jasager Marco, sondern nur der umsichtige Flo. Zum Glück gibt es aber auf Memeds Handy auch Modeentwürfe seiner Freundin. Aus denen könnten Verkaufsschlager werden, und so beschließen die Freunde, Flo zum Geschäftsführer und  Marco zum Model zu machen und in Giovannis Salon ihre Produkte zu verkaufen. Überglücklich begrüßt der naive, gutmütige und stets optimistische Memed diese Entscheidung mit einem Freudensprung.

Unterschiedlicher als die vier Damen auf der Bank eines Kinderspielplatzes kann man nicht sein. Wir sehen sie, aber nicht Lukas, das Kind, dem zwei von ihnen fragwürdige Ratschläge erteilen. Eine gestresste Mutter (Alina Toske) ermahnt ihren kleinen Lukas, andere Kinder nicht mit dem Stock zu verfolgen. Ihre Freundin (Melina Stahr), die sich, weil sie gern strickt, für eine Künstlerin hält, versucht sie beruhigen. Empört über die beleidigenden Aussagen ihrer Ex-Schwiegertochter über ihren Sohn zeigt sich Grenate, Lukas‘ Großmutter. Sie ist mit der neuen Frau ihres Sohnes, einer Dichtern (Elisa Schön), die nur in Reimen spricht und nahezu über dieser Welt schwebt, gekommen und schenkt ihrem Enkelkind einen Schokoriegel, weil sich den die ihrer Meinung nach minderbemittelte Ex-Frau ihres Sohnes angeblich nicht leisten könne. Das kann nicht gutgehen. Bevor es zum allerschlimmsten Krach kommt, trennt man sich.

Den nun verwaisten Spielplatz betritt die alte Dame (Hanna Lemke) aus der Eingangsszene.  Sie möchte sich auf die Bank setzen und stürzt dabei. Der aus Thailand heimgekehrte Arzt (Fabio Surmiak) und der Taxifahrer (Mika Müller) eilen ihr zu Hilfe. Ihre Not sehen auch die anderen Nachbarn, zeigen sich erschüttert und bilden um die alte Dame einen Kreis.

Das Stück schließt mit den Eingangsworten der Erzählerin (Elisa Schön), diesmal gesprochen von den beiden Psychologiestudentinnen (Juliane Bollmann, Florentine Hupe).

„Menschen sind schon sonderbar,
das nehme ich tagtäglich wahr.
Während ich zum Spielplatz geh‘,
tun sie Dinge, wie ich hör‘ und seh‘,
die ich bisher nicht begreifen kann,
es sei denn, ich hör mir ihre Geschichte an.“

Der Ernst und der Humor in den Dialogen dieser Tragikomödie erschließen sich erst beim Zuschauen. Eine Inhaltswiedergabe wird der Komplexität des Dargestellten nicht gerecht. Hinter jedem Charakter steht allein schon eine Geschichte und einige werden bestimmt in Erinnerung bleiben.

Unser Kurs bedankt sich herzlich für die kompetente und zeitaufwendige Unterstützung durch das Technikteam unserer Schule, vertreten durch ihren Leiter Herrn Deja-Götzinger sowie Nils Ernst (10.1) und Jakob Kindlein (7.5).

Über die Aufführung berichteten auch die Peiner Nachrichten am 23.03.2023.

Text: Klaus Nührig
Fotos: Herr Zensen